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Sofagast Fritz Mackensen

Deinen heutigen Gast solltest Du womöglich später noch einmal genauer unter die Lupe nehmen, denn hier scheiden sich die Geister. Ein Beitrag allein reicht nicht aus, um Fritz Mackensen in allen Dimensionen zu durchleuchten. Schließlich sorgt der Maler bis heute für reichlich Zündstoff in der Forschung. Zündstoff gab es auch schon zwischen Mackensen und Vogeler. Darum zeigen wir Dir an diesem Beispiel wie sehr die Weltanschauungen der beiden Künstler auseinandergehen und schon innerhalb der Gründergeneration zu Konflikten führen.

Wie alles begann…

Der Maler Fritz Mackensen (1866–1953) ist der erste Künstler, der dem damals noch kleinen beschaulichen Bauerndorf Worpswede einen Besuch abstattet. Von der Kunstakademie Düsseldorf entdecken auch Otto Modersohn und Fritz Overbeck das weite Land mit seinem unverwechselbaren Himmel für sich. Hans am Ende schließt sich 1889 aus München an. Als letzter unter den Gründern der Künstlerkolonie folgt 1894 Heinrich Vogeler (1872–1942). Berühmt ist Mackensen nicht nur als Gründer, sondern vor allem als Lehrer der ersten Künstlerinnen in Worpswede. Da Frauen das Kunststudium zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch immer untersagt ist, bleibt ihnen nur die Möglichkeit teuren Privatunterricht zu nehmen. Zu seinen bekanntesten Schülerinnen zählen Marie Bock, Ottilie Reylander, Clara Rilke und Paula Becker.

Große Unterschiede zwischen Mackensen und Vogeler sorgen zunehmend für Konflikte

Das Porträt der Tochter Alexandra von Fritz Mackensen zählt zu den spannendsten Bildnissen aus der Sammlung der Worpsweder Kunsthalle.
Fritz Mackensen (1866–1953), Porträt der Tochter Alexandra, um 1938, Öl auf Leinwand, 52,5 x 47 cm, Worpsweder Kunststiftung Friedrich Netzel, © VG Bild-Kunst, Bonn 2019, Foto: © Rüdiger Lubricht/ Worpsweder Museumsverbund

Zwei Lebenswege und Weltanschauungsmodelle hätten nicht gegensätzlicher sein können als jene von Fritz Mackensen und Heinrich Vogeler. Beide Künstler sind zunächst die erfolgreichsten im Ort. Vogeler setzt sich mit seinem Barkenhoff ein architektonisches Denkmal – Mackensens Villa thront noch heute am Ortseingang.

Schon früh zeichnen sich zwischen Mackensen und Vogeler erste Meinungsverschiedenheiten ab. Zum großen Streitobjekt wird unter anderem auch die von der Künstlergruppe gemeinsam erworbene Druckpresse im Barkenhoff.

Während sich der einstige Jugendstilkünstler Vogeler traumatisiert durch die Erlebnisse des ersten Weltkrieges zu Beginn der 1920er Jahre dem Kommunismus zuwendet und wenige Jahre später in die Sowjetunion auswandert, schlägt auch Mackensen ein neues Kapitel in seiner Biografie auf. Er tritt zunächst 1919 in die Deutsche Demokratische Partei ein und arbeitet für den »Stahlhelm«. Der Barkenhoff-Kommune steht er äußerst kritisch gegenüber. Nach Hitlers Machtübernahme solidarisiert sich der heimatverbundene Künstler schließlich mit dem Nationalsozialismus und wird 1937 Mitglied der NSDAP. Kurz darauf entsteht wohl eines der persönlichsten Porträts des Malers. Dargestellt ist seine Tochter Alexandra als junge Frau.

Der Widerspruch liegt im Detail…

Der bekennende Nationalsozialist Fritz Mackensen hat selbst eine kognitiv beeinträchtigte Tochter, die er 1934 aus einer Pflege- und Heilanstalt zurück nach Worpswede holt, um sie vor der Euthanasie zu retten. Während Vogeler 1942 unter ärmlichsten Verhältnissen im sowjetischen Exil in Karaganda stirbt, wird Mackensen 1944 vom Reichsministerium für Propaganda und Volksaufklärung auf die »Gottbegnadetenliste« gesetzt. Es ist die Liste der 100 wichtigsten deutschen Künstler, deren Kunst der Auffassung des NS-Regimes entspricht.

SPIOLER: Dein nächster Sofagast ist übrigens Heinrich Vogeler. Dann erfährst Du mehr über die Barkenhoff-Kommune.

Literaturtipp: Sehr intensiv hat sich in der Forschung mit Fritz Mackensen und vor allem mit der Biografie von Alexandra Mackensen der Prof. Dr. Jürgen Teumer aus Worpswede auseinandergesetzt. 2019 hielt er über dieses Thema einen Vortrag anlässlich der Jubiläumsausstellung »Kunstkosmos Worpswede. 100 Jahre Worpsweder Kunsthalle«. In einer dreiteiligen Reihe erscheinen seine Beiträge zu Alexandra Mackensen (1908-1961). Einblicke in ein behindertes Leben ab Fühjahr 2020 in der Zeitschrift Heimat-Rundblick.