Selten passte der Titel so gut: Die Arbeit von Jens Risch ist ein wahres Fundstück. So fein und zart wie sie ist, muss man sie erst einmal finden. [anders] als andere Arbeiten in unserer Ausstellung schlägt diese leise Töne an. Sie kontrastiert dabei wunderbar mit den großformatigen und raumgreifenden Wandteppichen von Ana Torfs.
Der Ort
Gemeinsam sind diese und weitere Arbeiten in der Ausstellungssektion »[anders] weben« im Haus im Schluh zu finden. Sie knüpfen damit an die Geschichte des Hauses und an die hier noch immer ansäßige Handweberei an. Und »knüpfen« ist das Zauberwort, wenn es um die Arbeiten von Jens Risch geht.
Das Werk
Jens Risch knüpft oder besser gesagt, er knotet. Jeden Tag, vier Stunden. Außer samstags, sonntags und an Urlaubstagen, da knotet Risch nur zwei Stunden lang. Die Objektbezeichnung neben seiner Arbeit lautet dann entsprechend: Jens Risch, Seidestück IV, … 1000 Meter Seidenfaden, 1444 Arbeitsstunden, 1 Riss. Denn Jens Risch macht nicht nur Knoten, er führt darüber auch sehr akkurat Protokoll. Die Süddeutsche Zeitung führte 2016 ein wunderbares Interview mit dem Künstler.
Für uns ist es eine der schönsten Arbeiten der Ausstellung. Sofort lässt man sich verzaubern. Aus einem Kilometer Seidenfaden wird in aufwendiger Handarbeit eine filigrane Skulptur. Assoziationen und Erinnerungen an eine Koralle oder etwas ähnliches, organisch Gewachsenes kommen auf. Staunend beugt man sich über das Kleinod, gerade einmal wenige Zentimeter groß. Größer, schwerer, wuchtiger: hier nicht! Und doch büßt das kleine, filligrane Objekt nichts an Wirkung und Aufmerksamkeit ein.
[Ein Beitrag von Isabell-Christin Rückert]